Über Nike Wessel – Moderatorin des Podcasts „Sex in Berlin“
Kulturwissenschaftlerin und Studio36-Gründerin Nike Wessel lebte und lebt ein wildes, buntes Leben in Berlin. Auch wenn sich die Gründe dahinter verändert haben, hat sich an ihrer Neugier und Offenheit nichts geändert.
Hier stellt sich Nike zunächst einmal selbst vor:
„Hi, schön, dass du hier bist. Ich bin Nike, lebe und arbeite in Kreuzberg und bin jeden Tag immer wieder überrascht, was einem hier so alles begegnen und wer einem hier alles über den Weg laufen kann… Die bunte Vielfalt, das Offene, Skurrile und Liebevolle interessiert mich. Der Podcast „Sex in Berlin und hier, die Website sin.berlin, sind Teil davon, aufzuzeigen, was es in diesem besonderen Biotop meiner Heimat gibt. Ich möchte von Orten und Menschen erzählen, die etwas Besonders tun oder Erlebnisse erschaffen, die einmalig oder inspirierend sind.„
Berlinerin durch und durch
Nike Wessel (sie/ihr) wurde in Berlin geboren und ist im grünen Zehlendorf aufgewachsen. Heute lebt sie mit ihrer bunten Familie in Kreuzberg und liebt es hier. Es könnte nicht besser zusammenpassen.
Gründerin und Kulturwissenschaftlerin Nike ist Kulturwissenschaftlerin, seit 26 Jahren Parteimitglied bei den Grünen und die Gründerin und Geschäftsführerin von Studio36 (2009), der sozialen und nachhaltigen Agentur in der Oranienstraße in Kreuzberg. Nachhaltige und soziale Themen liegen ihr sehr am Herzen. Sie ist außerdem Expertin für Green Film Making, Good Campaigning, Podcasts und Moderation.
Podcasterin & Moderatorin In Nikes eigenem Podcast “Green Voices” stellt sie jeden Monat Menschen und ihre nachhaltigen, sozialen und innovativen Projekte und Visionen vor. Mit dabei waren unter anderem schon Marie Nasemann, Laura Gehlharr, Emilia Roig, Ferda Ataman und Katja Lewina.
Seit 2024 gesellt sich nun ihr neuer Podcast “Sex in Berlin” dazu, in dem sie der Frage nachgeht, was man von der sexpositiven Szene lernen kann und was es da zu entdecken gibt.
Partymaus, Leseratte & sexpositive Weltenbummlerin Nike liest gerne alles, was von Frauen geschrieben wurde (Goethe, Schiller und Co. werden ja schon genug gefördert). Aber auch die Clubs macht sie gerne unsicher – von den Anfängen des Berghains, über Festivals im Grünen, bis hin zu sexpositiven Partys, Workshops und Seminaren. Sie liebt alles, was lustig und offen ist und die Menschen, die den Zauber darin sehen.
Niemals Stillstand
Nikes Welt bewegt sich ständig und manchmal auch unvorhergesehen. Ihre unschlagbare Neugier und begeisterungsfähige Motivation für neue Projekte führt sie immer wieder zu unbekannten Aufgaben und neuen Herausforderungen. Bei Nike kann man immer gespannt sein, was demnächst so kommt. Bei sexin.berlin halten wir auf jeden Fall für 2025 einige Überraschungen bereit, auf die wir uns wahnsinnig freuen.
Nikes Lebensmotto “There is a crack in everything and this is where the light gets in.”
Interview: Katharina und Ferdinand vom Sexshop Liebelei
In dem Sexshop Liebelei von Katharina und Ferdinand wird man von einer riesigen, pink-leuchtenden Vulva begrüßt, die an der Wand hängt. Caps mit „Made in Vagina„-Stickmotiven liegen aus. Eine goldene Kette, die fickificki als Anhänger vorne hat, kann auch in der Liebelei oder im online Shop gekauft werden.
Ferdinand und Katharina sind zwei kreative Köpfe, die den Themen Sex und Sexualität mit viel Humor begegnen und dabei auch die Aufklärung nicht zu kurz kommen lassen. Das erkennt man bereits nach einem kurzen Blick auf ihre Website. Doch wenn man den pink- und rosafarbenen Sexshop, den das Paar zusammen begründet hat, besucht, wird auch klar, dass der Fokus auf Sex Toys liegt, die aus unterschiedlichen Kristallen hergestellt werden.
sexin.berlin:
Ferdinand und Katharina, was ist euch für die Liebelei wichtig?
Ferdinand & Katharina:
Natürlichkeit. Nicht nur in den Materialien, die wir verwenden, sondern auch im Umgang mit Sexualität. Wir sind geprägt von einem verzerrten Bild zwischen Tabuisierung und Pornofizierung. Wer unseren Podcast ›Fucketlist‹ kennt oder uns bei Instagram (@liebelei.reloaded) folgt, weiß, dass wir kein Blatt vor den Mund und das Genital nehmen — selbst oder gerade wenn uns mal etwas peinlich ist. Denn genau dann können wir erfahren so angenommen zu werden, wie wir sind, und ausleben, wonach wir uns sehnen. Weitere ganz wichtige Zutaten für die Liebelei sind Genuss und Humor, die das Leben einfach so viel köstlicher machen!
sexin.berlin:
Gibt es einen besonders schönen Moment oder ein Highlight, dass du durch deine Arbeit bei der Liebelei hattest und an das du besonders gern zurück denkst?
Katharina:
Letzten Sommer habe ich ein Tantra-Retreat für 30 Frauen gegeben. Das waren die anstrengendsten, aber auch berührendsten Tage seit langem, da wir in all unserer Schönheit und Verletzlichkeit zusammenkamen und am Ende uns alle einig waren, dass wir gemeinsam Utopia erreicht haben.
sexin.berlin:
Wo hat Berlin zum Thema Sex noch Nachholbedarf? Was würdest du dir in und für Berlin noch wünschen?
Ferdinand & Katharina:
Berlin ist anderen Orten weit voraus. Nirgendwo ist die sexuelle Selbstbestimmung weiter fortgeschritten als hier. Und doch gilt das längst nicht für alle. Laufe ich allein durch die Straßen, werde ich fast jedes Mal sexuell belästigt. Ich würde mir wünschen, dass die Stadt ein Safe Space für alle wird.
sexin.berlin:
Kannst du uns einen kleinen Ausblick auf die Liebelei geben? Gibt es spannende Pläne, von denen du uns erzählen kannst? Wie bleibt man mit euch am besten im Kontakt oder hört von euch?
Ferdinand & Katharina:
Dieses Jahr eröffnen wir erotische Liebesnester in Neukölln. Jedes Nest hat ein eigenes Design-Konzept, von rosa Romantik über Prunk & Protz bis Jungle-Kink. Paare können dort ganz in ihren Liebesrausch eintauchen. Ansonsten gibt’s noch einige mehr schabernackige Ideen! An denen mangelt es uns nie 🙂 Das meiste teilen wir auf Instagram unter@liebelei.reloaded, ansonsten in unseremNewsletter, weil wir leider regelmäßig auf Instagram gesperrt werden.
Doch diese Hindernisse wirken bei Katharina und Ferdinand wie eine Einladung zum aufklärerischen Wirken. So stellt Katharina in einem Instagram-Post vergleichend dar, wieso ihr Account schon mehrmals wegen “unangemessener Inhalte” gemeldet und gesperrt wurde, es aber andere Accounts mit ähnlichen “unangemessenen Inhalten” gibt, die anscheinend ohne Konsequenzen existieren dürfen. Dabei geht es nicht nur um das bekannte Nippel-Paradoxon.
Ihre weitere Erklärung: Nackte Haut und die Darstellung von Lust und Sexualität wird auf Instagram nicht geahndet, wenn man bestimmten Normen entspricht (z.B. rasierte Bein- und Intimbehaarung) und nach dem patriarchalen Blick für “passend” bewertet wird. Immer wieder mit Meldungen oder gesperrten Accounts umgehen zu müssen – auch diese widerständische Aufklärung gehört zu dem Duo der Liebelei.
Mehr Liebelei & Fummelei
Du möchtest mehr über Katharina und Ferdinand erfahren? Dann höre jetzt in unsere „Sex in Berlin“ Folge Nummer 2 rein!
Hier geht’s zur Folge auf Spotify:
Interview: Danielle Barnett über ihre Naked Tea Partys
Die berühmten Naked Tea Partys von Danielle Barnett: von Kalifornien nach Berlin.
Danielle Barnett sitzt 2018 in ihrer Wohnung in Kalifornien und macht seit vier Tagen eine Schweige-Meditation. Sie liebt es, Dinge auszuprobieren. Sie möchte in ihr tiefstes Inneres hören und neue Kraft schöpfen. Neue Kraft, die neue Ideen mit sich bringt. Doch seit vier Tagen passiert einfach nichts. Danielle macht diese Schweige-Meditation nicht zum ersten Mal. Angefangen hat sie bereits 2014. Somit kennt sie ihren Geist und ihre Gedanken gut. Und plötzlich passiert es. Plötzlich schießt ihr eine Idee in den Kopf. Eine Idee, die Danielles Leben verändern wird.
Von Topless Tuesdays zu Naked Tea
Dass sie es liebt, sich frei zu bewegen, erzählt Danielle mit einem Funkeln in ihren Augen: “Ich fing schon an, auf dem College Nackt-Events zu veranstalten. 2011 lud ich meine Mitbewohner zu einer Party in meine Wohnung ein. “Topless Tuesday Tea Partys” hieß die erste Veranstaltung. Ich wollte den Leuten einfach dieses Gefühl von Freiheit mitgeben.”.
Somit entwickelte sie immer wieder neue Ideen und Konzepte, um ihrer Leidenschaft, dem Nackt-Sein, Freiheit zu geben. “2014 unterrichtete ich “Naked-Yoga” und wusste, dass es noch mehr geben muss.” Und als mir die Idee mit der “Naked Tea Party“ kam, spürte ich ein Feuer in mir, das vorher noch nie da gewesen war.
sexin.berlin: Na dann erzähl mal! Wie kam es dazu, dass du die Naked Tea Party in Berlin gegründet hast?
Danielle:
Ich hatte die erste Veranstaltung auf dem “Hedoné Festival 2019” angemeldet. Dort hatte ich das Gefühl, dass ich acht Arme bekommen habe, weil ich eine Million Dinge gleichzeitig gemacht habe. Zum Glück lernte ich schnell ein paar nette Menschen kennen, die mir ziemlich spontan geholfen haben, den Tee zu servieren.
sexin.berlin:
Das heißt, dass du von Anfang an Unterstützung bekommen hast?
Danielle: Ha! Ich hatte sehr wenig Unterstützung am Anfang. Keinem war so wirklich klar, wie ich diese Idee zur Realität werden lassen kann. Das “Wie” wurde mir von Party zu Party immer klarer.
Vor allem haben mir Freundschaften in Berlin weitergeholfen, mein Konzept zu entwickeln. 2021 lernte ich den Betreiber vom Sisyphos kennen und der gab meiner “Naked Tea Party” ein regelmäßiges zu Hause. Ab 2022 konnten wir die Veranstaltung monatlich dort stattfinden lassen. Dies war mir eine große Hilfe und gab mir die Chance, durch die Regelmäßigkeit das Event wachsen zu lassen.
sexin.berlin: Verstehe. Danielle, für wen ist denn die Naked Tea Party genau das richtige? Worauf darf man sich freuen, wenn man deine Veranstaltung besucht?
Danielle: Die Naked Tea Party ist für jeden Neugierigen. Menschen, die offen dafür sind, ihre eigenen Grenzen, Glaubenssätze und Identität zu vertiefen. Menschen, die respektvoll miteinander umgehen, open-minded sind und einfach sensibel mit anderen umgehen können.
Du kannst dich bei einem Besuch der Naked Tea Party auf vieles freuen! Bei uns findet man eine warme Atmosphäre, warmes Licht, melodische Musik und überall offene und nette Menschen. Und natürlich gehört ein interessantes Sortiment an jeglichen Tee dazu! Man kann sich darauf freuen, Neues zu entdecken. Es ist eine echt besondere, einzigartige Erfahrung, bis zu hundert nackte Menschen zu treffen.
sexin.berlin: Wie erfahre ich denn von euren Events?
Danielle:
Am besten über unsere Website, Instagram und Telegram-Kanal. Dort posten wir die Infos zu jedem Event. Meistens haben wir einen Vorverkauf für die Events. Dort ist es oft so, dass man ein Formular ausfüllen muss, bevor man überhaupt ein Ticket erwerben kann. Dadurch sorgen wir vorab für ausreichend Sicherheit.
sexin.berlin: Kannst du mir mal eben sagen, wie eure Kanäle auf den verschiedenen Plattformen heißen?
Danielle:
Auf Instagram findest du uns als: the.naked.tea.party2.0 und unser Telegram-Kanal heißt: The Naked Tea Party.
sexin.berlin: Danielle, mich würde interessieren, was dir für die Naked Tea Party ganz besonders wichtig ist?
Danielle:
Das Allerwichtigste ist, dass jeder Gast bei klarem Verstand ist. Außerdem sollte jeder Gast vorab unseren Guidelines zustimmen. Diese bestehen aus keinem sexuellen Austausch in den Räumlichkeiten, einvernehmliche Gespräche und Begegnungen und dass jede:r mit dem Team sprechen und um Hilfe bitten kann. Diese Regeln sind dafür da, jedem ein gutes Gefühl zu geben und den Raum allgemein als sicher zu manifestieren. So kann jeder durch positive Energie eine gute Basis entstehen.
Ansonsten würde ich sagen: melodische Musik, warmes Licht und Privatheit im gesamten Raum, es soll ein richtiger Safe-Space sein.
sexin.berlin: Das klingt richtig schön! Gab es in all den Jahren, in denen du die Naked Tea Party veranstaltet hast, einen besonders schönen Moment oder ein Highlight, an das du besonders gern zurück denkst?
Danielle:
Oh wow, es gab so viele besondere Momente, die ich durch die Naked Tea Party erlebt habe. Was mich immer wieder aufs Neue freut, ist, wenn mir Menschen erzählen, wie besonders die Erfahrung an dem Abend war. Sie berichten mir, wie heilsam es für sie war und dass es einfach großartig und wunderschön ist. Über solch ein Feedback bin ich immer wieder selbst erstaunt, teilweise überwältigt.
Des Weiteren würde ich sagen, dass der Kontakt zum Sisyphos ein besonderes Highlight für mich war. Ich liebte diesen Club schon selber als Besucherin. Dort die Veranstaltung stattfinden zu lassen, ist für mich immer wieder etwas wunderschönes.
Auch all die Nachrichten von Menschen, Künstlern und Organisatoren motivieren mich immer weiter zu machen! Ich nehme das nie für selbstverständlich und finde all diese positiven Rückmeldungen sehr beeindruckend und besonders.
sexin.berlin: Letzte Frage, liebe Danielle. Wen trifft man denn so bei einer Naked Tea Party? Gibt es bestimmte Altersgruppen, die besonders gern kommen?
Danielle:
Unsere Partys finden ja zum größten Teil in Berlin statt. Man muss schon sagen, dass die meisten unserer BesucherInnen viel Erfahrung in der Club- und Party-Kultur haben. Diese Menschen wissen, wie man respektvoll Party machen kann. Man merkt von ihnen große Neugier und diese Neugier trägt zu einem schönen Abend bei. Unsere BesucherInnen sind eigentlich alle zwischen Mitte 20 bis in die 70er Jahre. Ich mag das! Ich finde es toll, wenn wir Raum schaffen für Diversität und Vielfalt.
sexin.berlin: Danielle, ich danke dir für das Interview!
Danielle:
Ich freue mich, danke dir!
Wenn du mehr über Danielle und die Naked Tea Partys erfahren möchtest, höre in die 1. Folge von Sex in Berlin rein. Hier geht’s zum Podcast auf Spotify:
Erotivity – Spielerisch Intimität erforschen mit „Curious Touch“
Erotivity: Paarspiele als sexuelle Forschungsräume mit „Curious Touch“
Erotivity setzt mit „Curious Touch“ auf eine innovative, spielerische Methode, um das Bewusstsein für sexuelle Gesundheit und Wohlbefinden in Partnerschaften zu stärken. Das Unternehmen unterstützt Paare dabei, Wünsche und Grenzen beim Sex in einer entspannten Umgebung zu erkunden und alte Rollenbilder loszulassen. Mit kreativen Ansätzen schafft Erotivity Raum für persönliche Entfaltung und ein selbstbestimmtes „Sexy.“
Curious Touch macht aus Neinsagen ein Spiel
Manchmal ist Neinsagen beim Sex schwer, beispielsweise weil wir unser Gegenüber nicht verletzten wollen. „Curious Touch“ nutzt das Bild einer Katze, die sich gerne streicheln lässt – wenn sie denn Bock drauf hat. Es geht darum, auf eine humorvolle, aber gleichermaßen tiefsinnige Art, gemeinsamzu forschen, was dem Sexleben gut tut. Es geht um mehr Kommunikation vor, während und nach dem Sex und fühlt sich nach echtem Empowerment für das Liebesleben an.
Wer steckt hinter Erotivity?
Hinter Erotivity stehen die Sexualwissenschaftlerin und Psychologin Dr. Madita Hoy und der Spieleentwickler und ITler Florian Wagner. Gemeinsam kombinieren sie Methoden aus der Sexualtherapie und der sexpositiven Community, um Paare zu inspirieren und die Selbstwahrnehmung und Kommunikation zu stärken.
Unterstützt „Curious Touch“ jetzt!
„Curious Touch“ wird derzeit über eine Crowdfunding-Kampagne finanziert. Unterstützt das Projekt und sichert euch eines der ersten Exemplare dieses durchdachten und stilvoll gestalteten Spiels.
Mehr Informationen und Vorbestellung findet ihrhier.
Was heißt eigentlich „sexpositiv“? Sollte ich sexpositiv sein? Und was bedeutet „Sexpositivität“ (nicht)? In diesem kurzen Guide gehen wir den Fragen im Kontext einer kleinen historischen und diskursiven Einordnung nach.
In Berlin muss man nicht lange suchen, wenn man “sexpositiv” finden will. Egal ob Clubnacht mit Sexpositivitätsversprechen, Personen, die sich mit diesem Adjektiv beschreiben oder Produkte, die von sich behaupten, sexpositiv zu sein. Auch wenn in Berlin der Begriff “sexpositiv” im Mainstream angekommen zu sein scheint, gehen doch viele Vorurteile und Klischees mit den Begriffen „Sexpositivität“ und „sexpositiv“ einher. Sexpositive Menschen wollen ständig Sex und lieben BDSM… Räumen wir direkt mal mit einem Vorurteil auf: denn diese Aussage stimmt nicht. Aber was macht dann ein sexpositives Leben aus?
Zunächst ein kurzer Blick in die Vergangenheit
Sexpositivität entstand aus einer feministischen Bewegung, die sich gegen die antipornografischen Strömungen richtete. Die sexpositiven Feminist*innen verfolgen seither das Ziel, durch Bildung und Aufklärung sexuelles Empowerment zu ermöglichen und zu stärken. Es geht dabei um die Sichtbarkeit der Vielfalt von Sexualität, Identität, Körpern und Gender. Gesellschaftliche, soziale und politische Veränderungen in diesen Bereichen sieht die Bewegung seit jeher als unbedingt nötig an, um sexuelle und allgemeine Gleichberechtigung und eine freie Entfaltung der eigenen Sexualität zu ermöglichen.
Pro-Sexarbeit vs. SWERFs – Feministische Konflikte der sexpositiven Bewegung
Häufig wird die sexpositiven Szene mit einer offenen Haltung gegenüber Pornografie und Sexarbeit verbunden. Dennoch gibt es aus diesen beiden Branchen Stimmen, die hier Nachholbedarf sehen. Gerade bei Pornos und Sexarbeit sei oft noch durch Diskriminierung, Sexismus und Vorurteile eine fehlende Verbindung zur Sexpositivität zu erkennen. Die sexpositive Szene ist keinesfalls perfekt und die Reflexion und Auseinandersetzung damit gehört eigentlich zum Selbstverständnis der Bewegung. Im Verständnis von sexpositivem Feminismus fehlt z.B. häufig der intersektionale Aspekt.
Aber auch andere feministische Strömungen, die sich teilweise als sexpositiv sehen, sprechen sich explizit gegen Pornografie und Sexarbeit aus. Ein Begriff der dabei oft als Beschreibung dient ist „SWERFs“: Sex-work-excluding-radical-feminists (Anti-Sexarbeit radikale Feminist*innen) sehen Sexarbeit einzig als ausbeuterisches Produkt der patriarchalen (und kapitalistischen) Gesellschaft, erkennen Sexarbeit meistens nicht als Beruf an und sprechen sich oft für ein Verbot von Sexkauf („Nordisches Modell“) aus. Bis heute polarisierend die Themen „Pornografie“ und „Sexarbeit“ in feministischen (und linken) Kreisen stark. Sexarbeiter*innen sehen sich allerdings oft als Objekt im Diskurs „Sexarbeit“, da oft über sie gesprochen wird, aber selten mit ihnen.
Zuhören & Nachfragen
Die Kernbedeutung von Sexpositivität kann wie folgt zusammengefasst werden: Sexpositivität steht für die Akzeptanz und Offenheit gegenüber allen Sexualitäten, Ausdrücken von Gender und Körpern und konsensuell erfolgten sexuellen Praktiken. „Offenheit“ ist hier nicht gleichzusetzen mit „Das sollten alle mal ausprobieren.“, sondern meint eher eine allgemeine Haltung. Ich muss den Kink oder Fetisch einer anderen Person nicht verstehen, toll finden oder selbst praktizieren, um diesen Kink/Fetisch aber trotzdem als wertvollen Teil einer Vielfalt der sexuellen Welt zu sehen.
Wie werde ich sexpositiv?
Finde heraus, was du magst und was nicht (z.B. auch durch Pornos). Erkunde deine Vorlieben, Grenzen und deinen Körper, aber stresse dich damit nicht!
Bleibe up to date mit deiner Gesundheit, egal wie oft oder mit wie vielen Menschen du Sex hast – mache regelmäßige Check-ups!
Informiere dich über Safer Sex und wie du dich vor STIs schützen kannst (z.B. durch Kondome, Handschuhe, Lecktücher, PrEP).
Setze dich für sexuelle Aufklärung ein und unterstütze Menschen, die sexuelle Aufklärung betreiben.
Alle Körper und sexuellen Identitäten sind wertvoll! Lerne von der Vielfalt und den unterschiedlichen Perspektiven.
Reflektiere ggf. deine Privilegien und deine Perspektive. Setze dich gegen Diskriminierung und Sexismus ein!
Sei offen und ehrlich. Niemand ist perfekt, aber wir können alle offen sein und lernen!
Kommuniziere über Sex-Themen mit Menschen, mit denen du dich wohlfühlst.
Nimm dir Zeit, beachte deine eigenen Kapazitäten und sehe diese Liste nicht als vollständig oder Pflichtprogramm an.
Sexpositivität bedeutet nicht…
… dass sexpositive Menschen alle möglichen Sexpraktiken mögen oder ausprobieren wollen.
… dass sexpositive Menschen keine Grenzen haben und nicht nach Consent gefragt werden müssen.
… dass sexpositive Menschen nicht asexuell sein können.
… dass sexpositive Menschen ständig und mit allen möglichen Menschen über Sex reden und Sex haben wollen.
… dass sexpositive Menschen keinen vanilla Sex („Blümchensex“) mögen.
Consent is key!
Nur Ja heißt Ja! Und Nein heißt Nein! Nehme nichts von für selbstverständlich hin oder nehme nichts als selbstverständlich an. Informiere dich über Konsenskultur.
Mit dem Podcast „Sex in Berlin“ wollen wir über Intimität, Lust und Sexualität, und all die Dinge, die damit einhergehen, aufklären. Wir setzen uns für das Feiern der eigenen Lust, sexuelle Aufklärung und einen offenen Umgang mit Sexualität im Allgemeinen ein.
Quellen:
Missy Magazin – Glossar gegen die Panik vor Wörtern: Hä, was heißt denn Sexpositiv? – Laura Méritt
Pornopositiv – Paulita Pappel
Sex, aber richtig? – Joris Kern
Geliebte auf Zeit Podcast – mit Luisa und Lenia
BesD e.V.